Bloß dumme Witze? Nein, ganz sicher nicht.

Bloß dumme Witze? Nein, ganz sicher nicht.

Beitrag der WAZ Essen, der sich Beamt*innen fragen lässt, ob man nun Probleme wegen “dummer” Witze bekomme.

Beamt*innen des Essener Präsidiums fragen sich nach den aufgedeckten rechtsradikalen Chatgruppen inzwischen, ob man keine “dummen Witze” mehr posten dürfe. Klingt wie eine berechtigte Frage? Ist sie aber nicht. Hier kommt, weshalb:

Erstens: Der Kontext

Bei den aufgetauchten Bildern handelt es sich um Hitlerbilder, Hakenkreuze bis hin zu Fotomontagen von Geflüchteten in Gaskammern. Ja, Gaskammern. Es geht hierbei nicht um dumme Witze, wie man versucht es gerade darzustellen, sondern um blanken, puren und abgrundtiefen Menschenhass. Insbesondere frenetischer Hass gegenüber Geflüchteten.

Zur Erinnerung: „Kommt ein Pferd in eine Bar, fragt der Barkeeper: ‚Warum so ein langes Gesicht?‘“ ist ein dummer Witz, liebe Beamt*innen. Das, was dort in den Chat-Gruppen gepostet wurde, ist abscheulich und aus gutem Grund justiziabel.

Hitler zur Gruppenaufheiterung, wie man den Medien entnehmen konnte, zu verwenden, ist auf Äußerste verabscheuungswürdig. Adolf Hitler ist das Sinnbild für die Ablehnung der Demokratie, des Rechtsstaats und der Menschenwürde. Wem sein Konterfei zur Belustigung dient, hat seinen Wertekompass bereits vor Langem verloren und hat in einem Organ, das für das genaue Gegenteil stehen muss, nichts verloren.

Zweitens: Die verschobene Wahrnehmung

Die Frage an sich ist ein schönes Exempel eines Vorgangs, vor dem wir seit langer Zeit immer und immer wieder warnen: Dem Verschieben des Sag- und Denkbaren. Rote Haltelinien werden immer wieder überschritten, angegangen und so bewusst unterminiert. Im Ergebnis werden dann besagte Bilder als bloßer „Witz“ wahrgenommen, oder als „schwarzer Humor“.

Kristallklare Menschenverachtung wird offenbar inzwischen als vertretbar angesehen. Etwas, für das man sich in Grund und Boden schämen sollte.

Über 100 rechtsradikale Bilder sind keine Witze, liebe fragenden Beamt*innen. Deswegen ist die Frage nichts anderes als eine Relativierung rechtsradikaler Umtriebe, eines bewusstes Lavieren, um die Diskussion in Richtung einer „Zensur“-Debatte zu lenken und eine Opferrolle einzunehmen.

Drittens: Angst

„Ein bisschen geht schon die Angst um.“, zitiert die WAZ Polizeibeamt*innen. Die scheinbare Angst davor, dass eigene justiziable Verfehlungen aufgedeckt und geahndet werden, liegt in weiten Teilen selbstverschuldet in den ersten beiden Punkten begründet. Delikte werden bestraft. So einfach ist das.

Es gibt aber auch eine Angst, die tatsächlich ernst genommen werden muss: Angst bei den von Rassismus betroffenen Personen. Denen, die bei Polizeieinsätzen als „Scheißlibanesen“ bezeichnet wurden, denen während einer Festnahme unter körperlicher Gewalt gesagt wurde, man solle „froh“ sein „nicht in Amerika“ zu sein. Die Angst geht bei denen um, die befürchten müssen, dass ihre privaten Daten aus Polizeicomputern abgerufen und den falschen Leuten in die Hände gespielt werden könnten. Angst geht ebenfalls bei all denen um, die sich an die Gruppe S. erinnert fühlen, die an Uniter und die Verstrickungen zum Kommando Spezialkräfte denken müssen. Chat-Gruppen, die politische Gegner*innen an einem „Tag X“ umbringen und das System stürzen wollen.

Angst macht das Bekanntwerden und Beweisenkönnen rechtsradikalen Gedankenguts innerhalb der Staatsgewalt!

Zusammengefasst

Menschenverachtung lässt sich nicht als Witz entschuldigen.

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