Die Geister, die er rief
CN: Dieser Artikel enthält Screenshots von Antisemitismus und Rechtsradikalismus
Montag berichteten wir über die Essener Corona-Gegner:innenszene und die dort gefundenen Umsturzphantasien, Holocaustrelativierungen und Verschwörungserzählungen. Dabei sind wir besonders auf Mark M., den Administrator der zahlenmäßig größten Telegram-Gruppe „Unbesiegbar“, eingegangen. M. ist uns bereits dort als Verschwörungsideologe aufgefallen, der vom rechtsradikalen Vegan-Koch Attila Hildmann angetan ist.
Pakt mit rechtsradikalem Attila Klaus-Peter Hildmann
Besagter Hildmann hält sich derzeit im Untergrund in der Türkei versteckt, um sich einem Prozess in Deutschland zu entziehen. Dabei wird er nicht müde seine rechtsradikale Hetze online – besonders gerne via Telegram – zu verbreiten. Auf seinem Kanal „Attila Hildmann Freiheit“ gibt er seinen knapp 40.500 Follower:innen von Zeit zu Zeit den „Befehl“ bestimmten Gruppen zu folgen. So auch der Essener Gruppe „Unbesiegbar“ vergangenen Montag um 21:50 Uhr.
Vorausgeschickt hat Hildmann eine Sprachnachricht vom Administrator der Gruppe „Unbesiegbar“, Mark M., die dieser ihm zugeschickt hat. Das Tondokument ist ein Zeugnis des Wahns, in den sich M. hineingesteigert hat:
»Attila, grüße dich! Hier ist Marky. Wir heißen „Unbesiegbar“.
Unsere Gruppe heißt „Unbesiegbar“, schaut mal rein. Wir sind in Essen, NRW. Und wir benennen den Feind.
Kein Corona-Kommunismus! Weg mit der roten Pest!
Wir benennen den Feind! Bitte, wer das hier zuhört, kommt in unsere Gruppe „Unbesiegbar“. Wir sind in Essen, NRW, und wir brauchen jeden Mann!
Kein Corona-Kommunismus! Weg mit der roten Pest! Finger weg von unseren Kindern!
Kommt in unsere Gruppe „Unbesiegbar“, denn wir sind unbesiegbar!«
— Mark M. am 03.01.2022 um 21:49 Uhr in der Telegram-Gruppe „Attila Hildmann Freiheit“ (transkribiert von ESSQ)
Rund 17.100 Personen sehen die Sprachnachricht. Es dauert nur Augenblicke, bis die ersten Kommentare eingehen, wie einer Forderung nach einem Galgen oder offener Antisemitismus.
Ein antisemitisch-rechtsradikaler Schwall des Hasses
Die Mitgliederanzahl der Gruppe „Unbesiegbar“ entwickelte sich bislang durch organisches Wachstum. In den letzten Tagen gewann die Gruppe im Durchschnitt 20 Personen dazu. Den Befehl Hildmanns, der Gruppe „Unbesiegbar“ beizutreten, sehen circa 17.900 Personen. Und viele folgen ihm. Der Plan von M., die Gruppe durch die Bewerbung des szeneberühmten Rechtsradikalen wachsen zu lassen geht auf und die Geister, die M. rief, strömen darauf hin in Scharen in seine Gruppe. Binnen weniger Stunden wächst die Gruppe um knappe 50%. Inzwischen sind 1.127 Personen Mitglied.
In der Gruppe ergießt sich infolgedessen ein antisemitisch-rechtsradikaler Schwall des Hasses, den wir zu Dokumentationszwecken auszugsweise im Folgenden widergeben. Sprachnachrichten, in denen dazu aufgerufen wird Autoreifen politisch Unliebsamer zu zerstechen oder die Polizei anzugreifen, geben wir nicht wieder.
Zwar bemüht sich das Administrationsteam darum Schadensbegrenzung zu betreiben. So wird hastig versucht die Selbstoffenbarungen der Gefolgschaft so im Zaum zu halten, dass ihre politische Orientierung, Ideologie und Verfasstheit nicht mehr gleich auf den ersten Blick erkenntlich wird. Dazu wird gleichzeitig eifrig betont, man hätte nichts mit Rechtsradikalen am Hut, sei die „Bürgerliche Mitte“ (sic).
Doch für die Mitgliederzahl geht das Ehepaar M. und gehen die Mitglieder in „Unbesiegbar“ offensichtlich und ohne Skrupel einen Pakt mit waschechten Rechtsradikalen, Antisemit:innen und Nazis ein. Dabei sollte die Zensur der klar rechtsradikalen Beiträge nicht mit einem Kampf dagegen missverstanden werden. Es ist lediglich ein Vertuschen. Offen auftretende Rechtsradikale schaden der Bewegung. Solche, die es nur in sich tragen, sind offenbar herzlich willkommen.
Fortschreitende Radikalisierung
Es wird deutlich, dass es der Szene nicht um Corona, Kritik an Maßnahmen oder Gesundheitsschutz geht. Es geht um Egos, Staatszersetzung und das Normalisieren von Rechtsradikalismus innerhalb der Gesellschaft. In Gruppen wie „Unbesiegbar“ zeigt sich wie unter einem Brennglas die fortschreitende Radikalisierung der Corona-Proteste.