Gedanken nach dem 15.03.

Gedanken nach dem 15.03.

Am Samstag waren wir gemeinsam mit knappen 1000 Menschen auf der Straße um zu zeigen, dass in Essen kein Platz für Faschismus ist. Wir wollten deutlich machen, dass in Essen rechte Scheiße nicht toleriert wird. Der Tag lief aber anders, als die meistens von uns erwartet haben. Es kam zu massiven Repressionen durch die Polizei, das Versammlungsrecht wurde mit Füßen getreten, mit dem Hinweis, man könne ja im Endeffekt dagegen klagen. Antifaschistische Gegendemonstrant*innen wurden gewaltvoll zurückgedrängt, geschlagen und geschubst, während gewaltbereite Neonazis mit ihren persönlichen Bodyguards in Blau durch die Straßen marschieren konnten.

Uns haben im Nachhinein zahllose Berichte und Videos von massiver und willkürlicher Polizeigewalt erreicht und wir haben diese auch selbst gesehen und miterlebt. Es wurden Jugendliche von Polizist*innen am Hals zurückgedrückt, friedliche Antifaschist*innen gekesselt und geknüppelt. Die Demo Sanis berichten von Schürfwunden, Prellungen und Brüchen. Die Polizei hat Samstag einmal mehr gezeigt, dass sie eher Linke knüppeln und kesseln, um Faschos die Straßen freizumachen, anstatt wirklich für die Sicherheit der Menschen zu sorgen. Ein ausführliches Statement zur Polizeigewalt und allgemeinen Verhalten der Polizei am Samstag findet ihr auch auf unserer Website.

Es braucht eine vollständige Aufklärung dessen, was wir am Wochenende erlebt haben; es muss Konsequenzen für die Verantwortlichen nach sich ziehen. Es kann nicht sein, dass Faschist*innen einfach durch Essen ziehen können und es nicht ein Wort aus dem Büro des Oberbürgermeisters dazu gibt.

Ein riesiger Dank gebührt an der Stelle aber erneut den Demo Sanis, die einmal wieder unermüdlich gegen die faschistische Bedrohung an unserer Seite standen. Danke, dass es euch gibt!

Und auch wenn wir froh sind, Vertreter*innen der Parteien gesehen zu haben, muss deutlich sein, dass ein paar Demo Fotos auf Instagram bei weitem nicht genug sind. Letztes Jahr sind wir noch auf die Straße gegangen, weil die faschistische AfD, gemeinsam mit Neonazis, über die Abschiebung von Millionen von Menschen aus Deutschland fantasierte. Jetzt fordert der SPD-Kanzler offen, Deutschland müsse mehr Abschiebungen wagen und im Sondierungspapier der CDU und SPD ist das Gespräch von einer „Rückführungsoffensive“. Dabei sollte es doch komplett egal sein, wie man das Kind jetzt nennt; ob es nun „Remigration“, „Rückführungsoffensive“ oder „Massenhafte Abschiebung“ heißt, es ist und bleibt menschenverachtend und rechtswidrig. Die Parteien müssen endlich aufhören, die Narrative von Rechts zu bedienen und sich um die Probleme kümmern, welche die Menschen in Essen wirklich bedrohen.

Ja, der Mangel an bezahlbaren Wohnraum ist ein großes Problem, insbesondere für junge Menschen. Das Problem dahinter heißt aber nicht Migration. Das Problem dahinter heißt Kapitalismus, die finanziellen Interessen von einigen wenigen Konzernen und Personen machen unfassbar vielen Menschen das Leben zur Hölle. Und statt sich für bezahlbaren Wohnraum für alle einzusetzen, soll lieber den Menschen in unserer Mitte, die am wenigsten haben, dieses Wenige auch noch weggenommen werden. Unser Problem sind nicht die Armen, unser Problem ist die Armut. Unser Problem ist nicht die Migration, unser Problem ist der Rassismus. Unser Problem ist nicht die 16.000 „Totalverweigerer“, unser Problem sind die 800.000 „Privatiers“.

Die demokratischen Parteien dürfen nicht den gleichen Fehler machen, wie vor einhundert Jahren. Der Feind stand schon immer rechts.

Der vergangene Samstag hatte aber auch Positives. Neben den furchtbaren Bildern und Nachrichten von Polizeigewalt, Nazis, die frei durch Essen marschieren dürfen und Repressionen gegen Antifaschist*innen und Zivilist*innen, haben uns aber auch zahllose Nachrichten erreicht, die ihre Solidarität und Dank ausgedrückt haben. Unfassbar viele Menschen haben sich bei uns gemeldet, uns für unsere unermüdliche Arbeit gegen Nazis gedankt und ihre Solidarität mit allen ausgesprochen, die am Wochenende von Repressionen und Gewalt betroffen waren. Den Menschen im Kessel auf dem Kennedyplatz wurde Essen gebracht, ihnen wurde solidarisch Beistand geleistet, es wurde gesungen und getanzt. Den Menschen an der Mahnwache vor dem Polizeipräsidium wurden warme Getränke gebracht und Demonstrierende haben sich in allen erdenklichen Situationen gegenseitig unterstützt. Wir lassen uns durch den Hass nicht spalten, wir stehen gemeinsam gegen Rechts.

Es war erneut wunderbar zu sehen, dass so viele Menschen den sehr spontanen Aufrufen von Essen Stellt Sich Quer, Zusammen Gegen Rechts, Aufstehen gegen Rassismus und Widersetzen gefolgt sind. Wir haben ganz klar gezeigt, dass Essen rechte Scheiße nicht duldet. Sie hat auf unseren Straßen, in unseren Herzen und in dieser Stadt keinen Platz.

Jetzt ist es auch an den Parteien zu zeigen, dass rechte Hetze in den Parlamenten in Deutschland keinen Platz hat. Früher haben Sozialdemokrat*innen Nazis noch aus dem Bundestag geprügelt, früher hat man „keinen Millimeter nach Rechts“ noch gelebt. Heute lässt man Faschist*innen gewähren und übernimmt teilweise noch deren Narrative. Wir müssen uns zurückbesinnen, darauf was Antifaschismus, Solidarität und Gleichberechtigung in unserem Kampf für ein besseres und gerechteres Morgen bedeutet. Ein Morgen in dem Antifaschismus nicht kriminalisiert wird, ein Morgen in dem wir alle frei leben können.

In diesem Sinne: Free All Antifas!

Alerta!

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