Redebeitrag zur Gedenkstätte “Stadtwunde”

Redebeitrag zur Gedenkstätte “Stadtwunde”

Im Folgenden dokumentieren wir unseren Redebeitrag vom 09.06.2021 zur Gedenkstätte “Stadtwunde” im Wortlaut.

Liebe Freundinnen und Freunde, 

wir stehen hier in direkter Nähe zur STADTWUNDE, einer Gedenkstätte, die diese Bezeichnung nicht nur, wie man meinen könnte, im Volksmund trägt, sondern sie 2002 zu ihrer Einweihung offiziell erhielt.
Der Name erscheint mir passend, möchte man an ein zentral gelegenes, unter den Augen Sehender befindliches Konzentrationslager, das KZ SCHWARZE POTH, erinnern. 

Der Zweck von Konzentrationslagern, die furchtbaren Zustände, das Leiden, Ausbeuten und Morden in KZs, wird und wurde vielfach beschrieben, die Erinnerung und Mahnung daran wachgehalten, auch durch die Redebeiträge des heutigen Nachmittags. Der Mythos darüber, dass die Menschen im 3. Reich ganz überwiegend nichts von den Zuständen wussten, wurde vielfach widerlegt, das ist wissenschaftlich unstrittig. 

Was die „Schwarze Poth“ von ländlicher gelegenen KZs unterschied, war, dass die Lage zentraler kaum hätte liegen können. Auch die, und das ist bitte ausdrücklich in Anführungszeichen zu sehen, „Verwendung“ der dort gefangengehaltenen Menschen ließ klar erkennen, dass das nicht nur die neuen Nachbarn im Block waren:
Die bis zu 150 männlichen Zwangsarbeiter der s.g. Baubrigade III spürten auf, bargen und entschärften Blindgänger, räumten Schutt und Trümmer im direkten Anschluss an Bombardements beiseite.

Was den Gedenkort STADTWUNDE ausmacht, ist, dass das Bewusstmachen der Zustände dieses Lagers einen Stachel in den Wunden unserer Erinnerungskultur und Essens neuerbauten und modernen Mitte darstellt und hinterlässt:
Natürlich haben Essenerinnen und Essener unter den Kriegsfolgen schrecklich gelitten, natürlich wurden weite Teile unserer Heimatstadt zerstört, und es ist legitim, der Gräuel des Krieges, die einen selbst, seine Familie und sein Umfeld trafen, zu gedenken – aber wir dürfen eben auch nie vergessen, welches Unrecht und welche Grausamkeiten vom „Reich“ ausgingen, das die Welt mit Krieg überzog und den Krieg erst nach Essen brachte. 

Unser Appell an den Oberbürgermeister, an die Verwaltung und den Rat: Nicht jede Wunde verheilt, nicht jede Wunde kann verheilen, aber man pflegt sie. 

Man pflegt Wunden anders, Gedenken und Anerkennung der Opfer geht anders. Man mahnt vor der Verheerung durch Kriege, vor dem Erstarken rechter Kräfte, vor Faschismus und Imperialismus nicht mit einer verstaubten, unzugänglichen Baustelle. 

Machen Sie diese Gedenkstätte zu einem Ort lebendigen Gedenkens!
Räumen Sie den Vorplatz zur STADTWUNDE, machen Sie sie frei zugänglich. Pflegen und ehren Sie und wir sie alle gemeinsam, wie es sich gebietet!

Kommentare sind geschlossen.