Volle Solidarität mit dem Anti-Rassismus-Telefon!
Seit Tagen steht das Anti-Rassismus-Telefon (ART) unter Dauerbeschuss. Kern des Anstoßes ist eine unabgesprochene Veröffentlichung eines Briefes des ARTs an die Essener Eisdiele „Mörchens Eis“ in sozialen Medien, in dem die Verwendung der Bezeichnung „Mohren-Kuller“ und „Mohren-Birne“ auf der Speisekarte kritisiert wird. Seitdem ergießt sich ein nicht abreißen wollender Strom aus Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen, Hass und Hetze über das ART, mit dem wir heute unsere volle Solidarität erklären und uns demonstrativ auch öffentlich vor es stellen.
Bezeichnungen wie „Mohren-Kuller“ und „Mohren-Birne“ sind im allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig rassistisch konnotiert. Daher ist die Kritik des ARTs absolut berechtigt und notwendig: Immerhin haben sich Personen, die jene Bezeichnungen auf den Speisekarten fanden, derart rassistisch erniedrigt gefühlt, dass sie sich hilfesuchend an das ART als Interessenvertretung gewandt haben. Dass der Name auf die frühere Inhaberin Mohr zurückgeht, ändert letztendlich aber auch nichts an der Art und Weise, wie die Bezeichnungen auf Personen wirken, die schlicht ein Eis essen möchten, ohne dafür einen Familenstammbaum studieren zu müssen. Der derzeitige Besitzer Herr Hermanski hat im Vergleich zu vielen Akteur*innen dieser Stadt klasse reagiert und angekündigt, die Namen zu überarbeiten. Schließlich besucht man Mörchens Eis wegen des Eises und nicht der Namen der Speisen.
Das ART wird seit Veröffentlichung des Briefes mit E-Mails bombardiert und mit Anrufen bis spät in die Nacht terrorisiert. Angefeuert durch einen unsäglichen Artikel des Redaktionsleiters der WAZ Essen, Frank Stenglein, der BILD-„Zeitung“, rechten und rechtsradikalen Online-Netzwerken und Alltagsrassist*innen, die aufgrund einer Namensänderung nun das Traditionsgeschäft boykottieren wollen, ist es zur Zielscheibe all derer geworden, die die seit Monaten und Jahren überfällige Diskussion um Rassismus und Alltagsrassismen unveränderter Dinge im Ansatz ersticken wollen. Auf besondere Art und Weise schäbig verhalten sich politische Parteien, die diese Debatte jetzt zum Ausschlachten für die anstehende Kommunalwahl instrumentalisieren.
Seit über zwanzig Jahren setzen sich die Aktivist*innen des Anti-Rassismus-Telefons ehrenamtlich dafür ein, dass von Rassismus Betroffene eine Anlaufstelle in dieser Stadt haben, an die sie sich jederzeit und unentgeldlich wenden können, Rat und Tat bekommen und Gehör finden. Diese Arbeit kann gar nicht überbewertet werden. Sie ist Ausdruck einer Kultur, von der wir uns viel mehr in Essen wünschen. Uns verbindet schon seit Jahren eine sehr enge Freundschaft. Dem Anti-Rassismus-Telefon gebührt unser persönlicher Dank!