Redebeitrag: Zusammen gegen Leerdenken und rechte Hetze!

Redebeitrag: Zusammen gegen Leerdenken und rechte Hetze!

Wir dokumentieren im Folgenden unseren Redebeitrag vom 24.01.2022 auf der Versammlung “Essen stellt sich quer – Zusammen gegen Leerdenken und rechte Hetze!” im Wortlaut.

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Essenerinnen und Essener,

in den letzten Tagen wurden wir oft gefragt, wieso wir als Bündnis gegen Rassismus und Faschismus eine Kundgebung gegen Coronaleugner:innen organisieren. Gehört das überhaupt in unsere Zuständigkeit?

Unsere Antwort darauf ist ein klares: Ja!

Doch lasst mich ein paar Worte vorwegsagen: Uns geht es nicht darum, über das Impfen zu diskutieren oder eine kritische Betrachtung aller Maßnahmen zu verhindern. Sondern wir wollen hier und heute ein Zeichen der Solidarität setzen und der schweigenden Mehrheit eine Stimme geben!

Warum machen wir das gerade jetzt und hier?

Auch wenn die Essener Coronaleugner:innen-Szene noch sehr harmlos erscheint, so können wir auch hier eine zunehmende Radikalisierung feststellen. So wird sich in den Essener Telegramm-Gruppen nicht nur friedlich vernetzt und zu gemeinsamen, so genannten “Spaziergänge” aufgerufen. Nein, man tauscht sich auch über Themen aus, die sich der Verschwörungsideologien bedienen. So beobachten wir viele geteilte Artikel und Chats, die sich um Satanismus, Okkultismus, Pharma-Verschwörungen, Reichsbürger-Gedankengut, Antikommunismus, Q-Anon, Prepper-Szene, Wettermanipulation und dergleichen mehr drehen. Und immer wieder wird zum Widerstand gegen eine vermeintliche Staats-Diktatur aufgerufen. Wir friedlichen Bürger seien die Verblendeten – wird behauptet! Doch dem ist nicht so! Wir sind die informierte Masse, wir wollen hier und heute zeigen, dass wir die Mehrheit sind!

Und wenn ihr Euch fragt, was an Verschwörungsideologien so gefährlich ist, so lässt sich das schnell auf einen Punkt bringen. Ihnen allen liegt der Glaube an eine geheime Weltverschwörung zu Grunde – eine Manipulation, welche nur ein eingeweihter Zirkel versteht, welcher wiederum die anderen aufklären muss. Doch das ist Quatsch – gerade diese Pandemie zeigt doch, dass Wissenschaft auf Zahlen und Fakten basiert, wie wir auch noch in folgenden Redebeiträgen genauer hören werden.

Doch das ist gar nicht das Gefährlichste an Verschwörungstheorien, viel schlimmer ist es, dass diese immer ein antisemitisches Motiv als Grundlage haben. Und hier beginnt die langsame, aber stetige Unterwanderung von Rechts. Dies beweisen auch die zahlreichen Holocaustleugnungen, Hitlerbildchen, KZ-Vergleiche oder gar Staatssturzfantasien, die wir in den Telegram-Gruppen finden. Statt „Frieden, Freiheit und Demokratie“ – wie oft behauptet – finden sich hier rechte Hetze, menschenverachtende Einstellungen und antidemokratisches Gedankengut. Selbst Attila Hilfmann, bekannter Rechtsextremist und Antisemit, ist auf die Essener Gruppe aufmerksam geworden und bewirbt sie auf seinem Telegram-Kanal mit 40.500 Follower:innen.

Kein Wunder, dass sich von Anfang an Mitglieder der Extremen Rechten an diese Protestform angebiedert, an ihr beteiligt und sie mitorganisiert haben. Über möglichst breitenwirksame “Protestbewegungen” versucht die Extreme Rechte ihren Wirkungskreis auszubauen und mehr Menschen für ihre Ideologie zu begeistern. Dabei versucht sie, sich möglichst bürgerlich, nahbar und – aller faktischen Bigotterie zum Trotz – als Kämpferin für Freiheit zu inszenieren. Die Strategie geht auf: bundesweit sind die Proteste mit Akteur*innen der Extremen Rechten durchsetzt oder werden von ihr angeführt.

 

So ist es im Schatten von Corona einer lauten Minderheit nach und nach gelungen, sich medial zu inszenieren. Menschen, die vorgeben, für „Liebe“ oder „Freiheit“ oder „Demokratie“ zu demonstrieren. Das mag auf viele auch zutreffen. Weite Teile jedoch zeichnen sich durch das gezielte Streuen von Desinformation aus. Unwahrheiten werden herumposaunt, Halbgares aufgebauscht, Hetze betrieben, Wissenschaft und Fakten geleugnet.

Weite Teile der “Corona-Verharmloser:innen” radikalisieren sich vor unseren Augen. Sie leugnen die Pandemie, rufen zur Mobilisierung gegen die Gesellschaft auf, behaupten, unsere Demokratie sei eine “Diktatur” und feiern diese Egomanie fälschlicherweise als „Freiheit“. Am schlimmsten jedoch wiegt, dass sie auf den Gräbern von inzwischen 117.000 Verstorbenen buchstäblich tanzen. Und ich sage es noch einmal und in aller Deutlichkeit: wir sind diejenigen, die für Solidarität einstehen – wir sind diejenigen, die sich in der Pandemie eingeschränkt haben, um andere nicht zu gefährden – denn wir sind auch diejenigen, die darauf achten, dass unsere Demokratie nicht zu Grunde geht.

Denn: „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt“. Und wenn das bedeutet, eine Maske zu tragen, Abstand zu halten und sich solidarisch gegenüber seinen Mitmenschen zu verhalten, ist das wirklich zu viel verlangt? Wir wollen andere schützen – ist das nicht gelebte Solidarität – bzw. gelebte Demokratie? Ist es nicht das, was eine Gesellschaft ausmacht? – Zusammenhalt statt Spaltung?

Und genau deshalb ist es auch für unser Bündnis so wichtig, laut zu werden – Denn es reicht – Wir widersprechen denen, die behaupten, im Namen der Essener:innen zu sprechen. Wir kritisieren, dass diese Leute eine wissenschaftlich belegte Pandemie leugnen. Wir kritisieren, dass diese Leute Forschung nicht anerkennen. Wir kritisieren, dass diese Leute ihren Egoismus als persönliche Freiheit vermarkten und behaupten, wir würden in einer Diktatur leben – nur weil jetzt, in solch schweren Stunden, der Zusammenhalt der gesamten Gesellschaft gefragt ist. Nicht wir sind die Verblendeten, sondern diese kleine Minderheit ist es.

Und gerade deshalb wollen wir, dass der Fokus weg von dieser lauten Minderheit auf – unsere – bislang schweigende Mehrheit gelenkt wird. Auf diejenigen, die täglich zu Hunderttausenden auf die Straße gehen und sich impfen lassen. Die ihre Maske tragen, die Abstände und Hygieneregeln einhalten. Denn sie sind es, die ihren Teil zur Beendigung der Pandemie beitragen.

Solidarität ist in Krisenzeiten wichtiger denn je. Und deshalb stehen wir heute hier: Eine Gesellschaft kann nur erfolgreich sein, wenn sie zusammensteht. Wir sind eine vielfältige, weltoffene, demokratische und freie Stadt. Das wollen und das werden wir auch bleiben!

Danke.

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