RWE Athletik-Trainer trainierte bei rechtem Kampfsportclub

RWE Athletik-Trainer trainierte bei rechtem Kampfsportclub

Kurz nachdem sich Rot-Weiss Essen in einer neuen Satzung deutlich mehr Spielraum gegen Rassismus und Rechtsextremismus gegeben hat, waren Fotos ihres Athletiktrainers Sven Linnemann inmitten von Personen der gewalttätigen Hooligan-Gruppierung „Alte Garde“ bei einem Box-Event in Essen publik geworden. Zuvor gerieten schon wohlwollende Kommentare unter Fotos der rechtsradikalen Szene in Sozialen Medien an die Öffentlichkeit. Zu unserem Bedauern hat der RWE keine öffentliche Reaktion darauf verlautbaren lassen. Scheinbar werden die Vorfälle als Einzelfall abgetan.

Wie so oft.

In einer bemerkenswerten Reportage thematisiert Sport inside nun, wie Rot-Weiss Essen und der SSV Ulm gegen rechtsextreme Fans vorgehen. Für die Dokumentation konnten auch wir unsere Einschätzung zur Situation in Essen beisteuern und nachzeichnen, dass es über Kommentare und Fotos hinaus auch noch weitere Bezüge Linnemanns zu Rechtsradikalen gibt. Dadurch wird deutlich, dass es sich beileibe nicht mehr um Einzelfälle handeln kann.

Im Folgenden unsere Recherche.

Ein auffälliges Graffitto

Auf dem Instagram-Profil des Athletik-Trainers wurde am 18. Juli folgendes Bild hochgeladen:

RWE Athletik-Trainer Sven Linnemann vor einem RWE-Logo. Montage: ESSQ

Betitelt ist das Bild mit „Back to the roots 🤜🏼💥🤛🏼 #kickboxing #taekwondo #boxing #fight #kämpfenundsiegen #niemalsaufgeben #immerweiter“. „Back to the roots“ passt, da Linnemann Taekwondo-Schwarzgurt ist. Auffällig ist das Graffitto im Hintergrund. Zu sehen ist das Logo von Rot-Weiss Essen mit auffälligen weißen, geraden „Glanzlichtern“.

Dieses Graffito ist uns bereits in der Vergangenheit ins Auge gestochen.

Die Kampsportgruppe „Guerreros“ um Christian „Bifi“ Willing, die sich aus Anhängern der Alt-Hooligans „Alten Garde Essen“, Bandidos, Jung-Hooligans der „Vandalz“ und Weiteren zusammensetzt, trainiert in demselben Raum:

Die „Guerreros“ vor dem RWE-Graffitto. Montage: ESSQ

Auf obigem Bild ist Willing als zweiter von links zu sehen. Ein wenig schärfer ist das nachfolgende Bild mit „Steeler Jungs“, Hooligans der „Vandalz“ aus Essen, „Alte Garde“-Anhänger, „Guerreros“ und Weiteren:

„Steeler Jungs“, Hooligans der „Vandalz“ aus Essen, „Alte Garde“-Anhänger, „Guerreros“ und Weiteren. Montage: ESSQ

Konnte Linnemann wissen, bei wem er dort trainiert? Dazu hilft eine Orientierung im Rest des Raumes.

Raumanalyse

In einem von den „Guerreros“ auf ihrem Instagram-Profil hochgeladenen Video sieht man sie bei einem Training und wie sie sich am Ende gegenseitig abklatschen (00:05):

„Guerreros“ beim Training. Montage: ESSQ

Im Hintergrund des Bildausschnitts prangt deutlich zu sehen das Logo der „Guerreros“. Ab 00:27 schwenkt das Video und gibt eine weitere Ecke des Raumes frei:

Die andere Ecke des Raumes gibt das RWE-Graffitto preis. Montage: ESSQ

Auf dem Bildausschnitt taucht das RWE-Graffitto mit den „Glanzlichtern“ auf. Drei Ecken des Raumes sind demnach bekannt:

  1. „Guerreros“-Logo
  2. Fensterfront (siehe Video-Screenshots)
  3. RWE-Logo

Die vierte Wand (die hinter der das Video aufnehmenden Person) lässt sich aber auch leicht auf den Bildern der „Guerreros“ rekonstruieren. Auf nachfolgendem Bild sehen wir links das Logo der Hooligan-Gruppe „Alte Garde“:

Andere Perspektive eines Trainigs der „Guerreros“. Montage: ESSQ

Ein wenig weiter „links“ dann noch das Essener Stadtwappen und das bei Hooligans genutzte „H„:

Das Hooligan-Symbol und Logo der „Alte Garde“ bei einem Training der „Guerreros“. Montage: ESSQ

Damit ergibt sich folgender Raum, in dem Linnemann trainiert hat:

Schematische Raumdarstellung. Blickrichtung als Pfeil dargestellt.

Bewertung

Linnemann hat im selben Raum wie die „Guerreros“ um den rechtsradikalen Christian Willing trainiert. Bei einem dieser Trainings wurden Fotos von ihm gemacht, während er auf das Emblem der rechten Kampfgruppe „Guerreros“ geschaut hat. Gleichzeitig konnte er zu seiner Linken sehen, dass er sich bei waschechten Hooligans befindet und sogar bei welchen, der „Alten Garde“, die für ihre Gewalt berüchtigt ist.

Wie der Reportage von Sport inside zu entnehmen ist, bestätigt Linnemann, dass er bereits zweimal mit den „Guerreros“ trainiert hat und es einen „gemeinsamen Bekannten“ gäbe. Er behauptet allerdings „keine Ahnung von ihrem politischen Hintergrund“ gehabt zu haben und sagt, dass diese „Gedankenlosigkeit ein Fehler“ gewesen sei. Diese „Naivität“ ordnet Marcus Uhlig wie folgt ein:

Unser Athletik-Trainer kommt aus der Kampfsport-Szene und kennt gefühlt jeden im Ruhrgebiet, der irgendwie mal mit Kampfsport zu tun gehabt hat. Natürlich kennt er die Leute und und dieses Foto dafür herreichen soll, um diese These zu unterfüttern, Rot-Weiss Essen hat ein Riesenproblem mit Rechtsradikalen, dann ‚Gute Nacht, Deutschland‘. Das stimmt einfach so nicht. […]“ – https://www.youtube.com/watch?v=yCuTPiorVRQ ab 09:15

Weswegen ein Trainer, der „gefühlt jeden im Ruhrgebiet“ kennt, ausgerechnet nicht die Szenegrößen aus Essen kennt, ist mindestens bemerkenswert.

Reportage

Die Reportage von Sport inside findet sich hier:

https://www.youtube.com/watch?v=yCuTPiorVRQ

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