Rechtskräftig: Polizei darf Versammlung nicht anlasslos fotografieren

Rechtskräftig: Polizei darf Versammlung nicht anlasslos fotografieren

Am 06. Mai 2018 wurde durch unser Bündnis eine Versammlung gegen die rechte Gruppe “Besorge Eltern gegen Gewalt” in Essen-Steele auf dem Dreiringplatz durchgeführt. Zwei Beamt*innen der Essener Polizei fertigten während der Versammlung Aufnahmen mit einer digitalen Spiegelreflexkamera an. Mehrere Versammlungsteilnehmer*innen und der Versammlungsleiter beschwerten sich noch vor Ort über den Kameraeinsatz. Einige der angefertigten Bilder wurden darüber hinaus von der Polizei auf Facebook und Twitter hochgeladen, wobei Teilnehmende identifizierbar waren.

Nachdem auch auf eine schriftliche Anfrage nach der Verhältnismäßigkeit und Rechtsgrundlage unbeantwortet blieb, entschieden wir uns, gegen die Maßnahme zu klagen. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen urteilte, dass sich die Polizei rechtswidrig verhalten habe und bestätigte somit unsere Rechtsauffassung.

Gegen dieses Urteil ging die Polizei vor. Jedoch bestätigte das Oberverwaltungsgericht in Münster das Urteil aus Gelsenkirchen. Polizeiliche Foto- und Videoaufnahmen können einschüchternd oder abschreckend auf das Versammlungsgeschehen wirken. Personen würden so in ihrem grundgesetzlich verbrieften Recht auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Bereits das Anfertigen der Aufnahmen geschah ohne Rechtsgrundlage.

Gegen das Urteil des OVGs ging die Polizei in Revision, wodurch das Urteil bislang nicht rechtskräftig war. Es sollte somit abermals vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt werden. Am 21.10.2020 hat die Polizei die Revision jedoch überraschend zurück gezogen, wohl um eine Grundsatzentscheidung in Leipzig zu verhindern.

Christian Baumann, Mitglied im Sprecher*innenkreis des Bündnisses Essen stellt sich quer und einer der Kläger nimmt dazu wie folgt Stellung: “Wir freuen uns, dass nach der langwierigen Zeit nun endlich Klarheit herrscht: Das Anfertigen von anlasslosen Aufnahmen durch die Polizei war klar rechtswidrig. Das Urteil hat bundesweite Tragweite und stärkt die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern. Die Teilnahme an Versammlungen und Demonstrationen kann vorbehaltslos stattfinden, ohne, dass man befürchten muss, in einer Kartei der Polizei zu landen. Das Ergebnis der Klage beweist, dass es sich auszahlt, einen langen Atem zu haben.

Herzlich bedanken möchte sich das Bündnis Essen stellt sich quer bei Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge, der die Klage vor Gericht geführt hat.

Kommentare sind geschlossen.