Bündnisrede „Der Pott bleibt unteilbar!“
Im Folgenden dokumentieren wir die Bündnisrede vom 14.09.2019 anlässlich unserer Demonstration mit 2.500 Teilnehmer*innen „Der Pott bleibt unteilbar!“ in Essen-Steele:
Hallo, Steele!
Der heutige 14. September ist kein Samstag wie jeder andere – heute ist der Tag, an dem wir zeigen: der Pott bleibt unteilbar! Diesen Tag hat es dringend gebraucht, weil seit fast zwei Jahren eine Gruppe zwielichtiger Gestalten durch diesen Stadtteil marschiert, die das ganz anders sieht. Diese Gruppe, die sich selbst „Steeler Jungs“ getauft hat, will euch zeigen, dass es in Steele ein „wir“ gibt, und ein „die“. „Die“, das sind Menschen, die die selbsternannten „Steeler Jungs“ hier nicht haben wollen. „Die“ angeblich eine Bedrohung sind. Eine solche Bedrohung sogar, dass die Gruppe landesweit bekannte Neonazis mit beeindruckenden Vorstrafenregistern zur Verstärkung ihrer Märsche auf die Steeler Straßen holt – alles unter dem Vorwand der „Sicherheit“ im Stadtteil. Dafür geht diese Gruppe sogar soweit, Unbekannte, die zu „alternativ“ aussehen, durch den Stadtteil zu jagen, ihre Taschen zu durchsuchen und ihnen Gewalt anzudrohen oder sogar anzutun.
Dabei sind die „Steeler Jungs“ mitnichten das einzige Problem. Sie sind strenggenommen lediglich ein Teil einer allgemeinen Rechtsentwicklung in Deutschland und auch in Essen: In Huttrop und Borbeck existieren bereits Ablegergruppen der „Steeler Jungs“. Überregional vernetzt sich die Szene, unterhält beste Verbindungen zu weiteren rechtsradikalen und gewalttätigen Gruppierungen in Düsseldorf, Köln, Gladbach, Herne oder Mönchengladbach.
All das ist das Gegenteil von Sicherheit. Wir fühlen uns nicht sicher, wo Gaststätten eine Massenschlägerei droht, wenn sie rechtes Gedankengut in ihren Räumen nicht haben wollen. Wir fühlen uns nicht sicher, wenn die „Kameraden“ einer rechten Bürgerwehr Menschen, abfotografieren und nach Hause verfolgen, die gegen rechte Gewalt und Propaganda den Mund aufgemacht haben. Wir fühlen uns nicht sicher auf Straßen, wo Rocker und Hooligans den Hitlergruß zeigen, während sie über Stolpersteine marschieren. Über Stolpersteine, die an Menschen aus Steele erinnern, die vor Jahrzehnten auch einmal als „Bedrohung“ für das Volk verfolgt und schließlich deportiert und ermordet wurden. Mit all dem muss Schluss sein – deshalb sind wir heute hier.
Wer wir sind? Wir sind eine bunte Mischung aus sozial engagierten Privatleuten, parteipolitisch Aktiven und Gewerkschaftsmitgliedern aus dem ganzen Ruhrgebiet, die etwas dagegen haben, wenn rechte Schlägertrupps die Stimmung in unseren Stadtteilen mit Angst und Furcht erfüllen. Wir haben etwas dagegen, wenn Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Religion oder Lebensweise ausgegrenzt oder verfolgt werden. Deshalb haben wir als antifaschistische Bündnisse dafür gesorgt, dass an diesem Samstag ein anderer Wind durch Steele weht. Ein Wind der echten Sicherheit. Denn für uns bedeutet Sicherheit, dass Menschen zusammenhalten, statt einander auszugrenzen. Für uns bedeutet Sicherheit eine Gemeinschaft, die Menschen willkommen heißt, anstatt sie zu verfolgen. Für uns bedeutet Sicherheit die Freiheit von rechter Gewalt und Drohungen.
Wir treten ein für eine offene und solidarische Gesellschaft, in der Menschenrechte nicht verhandelbar sind. Wir treten ein für eine Gemeinschaft, die Vielfalt und Selbstbestimmung schätzt und hochhält. Wir treten ein für ein Steele und ein Essen, das Teil eines bunten und lebendigen Ruhrgebiets ist – ohne Einschüchterung und Nazipropaganda.Wir sind unteilbar, und wir holen uns die Straßen zurück, die uns allen gehören!